The Renaissance Is Over 2017 | Öl auf Leinen, 115 x 150 cm
Das Gemälde „The Renaissance Is Over“ basiert auf dem kriegszerstörten Renaissance-Bild „Die Schule des Pan“ von Luca Signorelli, entstanden ca.1489-90. Es wurde vermutlich bei verheerenden Bränden, und unter ungeklärten Umständen, im Flakbunker Friedrichshain, in den große Teile der Berliner Sammlungsbestände ausgelagert wurden, vernichtet. Dies geschah während der Endphase des 2. Weltkriegs, Anfang Mai 1945. Das Gemälde wurde aus dem damaligen Kaiser-Friedrich-Museum, dem heutigen Bode-Museum, dorthin verbracht, da es offenbar zu groß war für die Förderkörbe des thüringischen Salzbergwerks, in das der Großteil der Werke ausgelagert werden sollte. Mit dieser „Ikone der Renaissance“– und wahrscheinlich über 400 weiteren Gemälden und zahlreichen Skulpturen – sind auch mehrere Gemälde des spanischen Barockmalers Jusepe de Ribera verbrannt, unter anderem ein in der rechten Bildhälfte zitierter Hl. Sebastian. Das barocke Vorbild stammt aus dem Jahr 1636. Der Katalogtext des Kaiser-Friedrich-Museums, von 1910, beurteilt den Hl. Sebastian von Ribera so: „Tiefe Auffassung und ausgezeichnetes Können verbinden sich hier mit rücksichtslosem Naturalismus“. Von beiden Gemälden sind lediglich Fotographien erhalten. Von „Der Schule des Pans“ glücklicherweise ein seltenes Farbnegativ, während der Hl. Sebastian nur als bräunliche Schwarzweiss-Aufnahme dokumentiert ist.
Im Zentrum des Signorelli-Gemäldes thronte der Gott Pan, dargestellt als Jüngling mit Bocksfüssen – als Hirtengott ist er Gott der Natur und der Musik. Pan ist umgeben von unbekleideten Begleitern, die Jüngeren spielen Musik, die Älteren lauschen. Pan ist als Gott des Naturerlebens auch zuständig für die Sexualtriebe. Auftraggeber des Gemäldes war Lorenzo de Medici, genannt der Prächtige. Die genaue Bedeutung des allegorischen Gemäldes war nicht entschlüsselt bzw. wurde nicht überliefert. Möglich wäre ein Bezug zu einer Dichtung von Lorenzo de Medici, in welcher er dialektisch die Kontemplation mit dem aktiven Handeln vergleicht.
„The Renaissance Is Over“ hat als Hintergrund das Renaissance-Gemälde von Signorelli und es ist auch in den gleichen Größenverhältnissen, verkleinert, wiedergegeben. Signorellis Pan wird in „The Renaissance Is Over“, ersetzt durch eine weibliche Figur im Bikini, welche die lässige Macho-Haltung eines Hip-Hop-Sängers imitiert. Der Kopf der Figur wird gebildet von einer maskenhaften antiken Kopfbüste der sagenhaften Zenobia, der einstigen Herrscherin von Palmyra. Der von mir selbst „nachgespielte“ Körper, mit rot-schwarzem Bikini, greift zurück auf einen frühen Werkkomplex, in dem ich mich als Amazone – innerhalb fiktiver Filmplakate – in Szene gesetzt habe. Die Figur der Zenobia deutet auf heutige Zerstörungen von Kulturgütern hin. So wurde Palmyra durch den Islamischen Staat stark beschädigt. Die Satellitenaufnahme zu Füssen der zentralen Zenobia/Pan-Figur offenbart die Beschädigungen der Ausgrabungsstätte Palmyra durch den IS. Auch die antiken Skulpturen-Köpfe im Bild-Vordergrund zeigen – in Analogie zu abgeschlagenen Köpfen – Zerstörungen durch den IS. Wie auch weitere Bilddetails verweisen auf terroristische Sprengungen und Zerstörungen von Kulturgut, beispielsweise die in der weiblichen Silhouette im linken Bildteil zu erkennende Rauchsäule.
Dieses Werk steht exemplarisch für ein konzeptionelles Herangehen, welches letztlich in einer subjektiven Allegorie mündet. Im Zentrum steht für mich die Beschäftigung mit diesen kriegszerstörten Kulturgütern. Die „Schule des Pan“ hat mich aufgrund seines kompositorischen Aufbaus und vor allem wegen seiner inhaltlichen Rätselhaftigkeit fasziniert. Der spanische Barockmaler Ribera ist einer meiner favorisierten Maler und der Hl. Sebastian eines seiner (verlorenen) Meisterwerke. Ich sehe mein Gemälde auch als eine Form der Wiederauferstehung der verschwundenen Bilder in der Gegenwart, in welcher meine Vorbilder zwar modernisiert, aber doch zitiert weiterleben.
„The Renaissance Is Over“ wurde innerhalb folgender Ausstellungen gezeigt:
2019: VOIX, Museum der bildenden Künste, Leipzig (G)
2018: Painting XXL, AusstellungsHalle1A , Frankfurt (G)
2017: Confetti War, Kunstverein Markdorf (S)